Warnzeichen ernst nehmen

Eine Gefäßfehlbildung im Gehirn bleibt vielleicht ein Leben lang unentdeckt. Sie kann aber auch von heute auf morgen eine Hirnblutung auslösen, die womöglich zu dauerhaften Beeinträchtigungen oder sogar zum Tod führt.

Blutgefäße im Gehirn
Abbildung 1
Arteriovenösen Malformation (AVM)
Abbildung 2

„Die Warnzeichen sollten daher unbedingt ernst genommen werden“, sagt Neurochirurg Prof. Gempt. Zu den Gefäßfehlbildungen gehören unter anderem das Aneurysma, die Aussackung eines Blutgefäßes, das Kavernom, bei dem sich kleine Venen knotenartig anhäufen, und die Arteriovenöse Malformation (AVM), eine seltene Abweichung vom Bauplan der Blutgefäße. Bei der AVM kommt es zum Kurzschluss zwischen Venen und Arterien. Dabei bildet sich ein Knoten (Nidus), und es kann spontane Blutungen geben.

„Wer sonst nie oder nur selten heftige Kopfschmerzen und auch keine Migräne hat, aber plötzlich Kopfschmerzen wie noch nie zuvor erlebt, sollte dies unbedingt ärztlich abklären lassen, denn es ist neben neurologischen Ausfällen ein typisches Warnzeichen“, so Prof. Gempt, der schwerpunktmäßig Gefäßerkrankungen an Gehirn und Rückenmark behandelt. Der Experte schätzt den „klinischen Blick“ vieler Hausärzt:innen: „Sie können unter der Vielzahl der Patient:innen mit Kopfschmerzen jene herausfischen, bei denen etwas Schlimmeres dahintersteckt.“

Im UKE werden jedes Jahr mehrere hundert Patient:innen mit ausgeprägter AVM und anderen Gefäßfehlbildungen versorgt: In der Neuroradiologie wird als Erstes gecheckt, ob eine akute Blutung vorliegt; zur Diagnostik gehöre nein MRT des Schädels und eine Darstellung der Blutgefäße (Angiografie). In Zusammenarbeit der Kolleg:innen aus der Neuroradiologie, Neurochirurgie und Neurologie wird entschieden, ob die AVM operiert wird oder ihre Zuflüsse zunächst verklebt (embolisiert) werden, um den Blutverlust zu vermindern. „Es gilt in jedem einzelnen Fall, das mögliche Operationsrisiko gegenüber dem Risiko einer erneuten Blutung sehr sorgfältig abzuwägen.“

Abbildung 1: Rund 150.000 km Blutgefäße versorgen Kopf und Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen. In den Venen (blau) wird das Blut vom Körper zum Herzen transportiert, bei den Arterien ist es umgekehrt. Beide Gefäßarten sind durch feinste Kapillaren verbunden, in denen der Gas- und Stoffaustausch stattfindet.

Abbildung 2: Bei der Arteriovenösen Malformation (AVM) umgehen Arterien und Venen die Kapillargefäße und schließen sich kurz. Da das Blut mit hohem Fluss und Druck fließt, können sich Knoten bilden und es kann zu spontanen Blutungen kommen.

Text: Ingrid Kupczik, Foto: Eva Hecht, Illustrationen: Sabine Wuttke